Blitzporträt

Was hat Dich zum Schach gebracht?

Als kleines Kind hat mir mein Vater die Regeln beigebracht und wir haben dann in seinem sehr eigenwilligen Stil gespielt. Aus heutiger Sicht würde ich das allerdings eher als „Figuren schieben“ bezeichnen. In der Unterstufe habe ich Schach als Freigegenstand genommen, dass hatte aber leider bei weitem nicht das Niveau eines heutigen Schachunterrichts an Schulen.

Was begeistert Dich am Schach?

Schach ist für mich ringen im Geiste bei fast völliger äußerlicher Regungslosigkeit. Die Faszination, die das königliche Spiel kraft seiner inneren Dramatik auf mich ausübt, ist riesig. Auch wenn mein aktives Schachverständnis leider äußerst bescheiden ist, fesselt es mich, wie viel komplexe Information in sinnvolle Entscheidungen einfießen muss und wie viel Verantwortung in jeder einzelnen Entscheidungsfndung liegt. Sprachloses Staunen ist oft genug meine Reaktion auf hochwertige Züge. Und mein Zeitempfnden tritt beim Schach ungewöhnlich stark in den Hintergrund.

Wie bist Du zum 1. SK Ottakring gekommen?

Meinen Sohn habe ich schon recht bald, nachdem sich bei ihm ein weiter gehendes Schachinteresse gezeigt hat, in Ottakring angemeldet, da dies der Verein seines Schulschachtrainers Harald Schneider-Zinner war. Nach ein paar Jahren ist der Club mit der Bitte um Sponsorentätigkeit als Photograph an mich herangetreten und in weiterer Folge
habe ich mich so weit mit dem Schachvirus infziert, dass ich 2018 Ottakringer geworden bin.

Wie würdest Du das Verhältnis zu Deinen Vereinskollegen und -kolleginnen beschreiben?

Ich fühle mich unter GesinnungsgenossInnen äußerst wohl und verbringe sehr gerne Zeit mit dermaßen netten Leuten, wie sie im Club zu meiner Freude auffällig oft anzutreffen sind.

Was macht für Dich das Besondere am 1. SK Ottakring aus?

Für mich ist es sehr wichtig, dass der Club im Spitzenbereich fx etabliert ist. Am Frauenschwerpunkt in Ottakring ist mir ebenfalls sehr viel gelegen. Auf der persönlichen Ebene ist für mich das Besondere, dass mir der ottakringer Typ einfach sehr weit entspricht.

Der 1. SK Ottakring fördert insbesondere das Kinder- und Jugendtraining. Inwiefern ist das
für Deine Entwicklung von Bedeutung?

Für meine Entwicklung ist das ohne Bedeutung, aber für den Verein ist die Bedeutung des Kinder-und Jugendtrainings immens – darin liegt seine Zukunft!

Gibt es einen Mannschaftswettkampf, der Dir besonders in Erinnerung geblieben ist?

In meiner ersten Saison als Mannschaftsführer zweimal ein 7:1 incl. eigenem Punktebeitrag unterschreiben zu dürfen, das ist schon recht gut gekommen...

Auf welche eigene Leistung bist Du besonders stolz und warum?

Als ich von einem Spieler die Rückmeldung bekommen habe, dass er noch nie einen so motivierenden Mannschaftsführer erlebt hätte, war das eine sehr schöne Bestätigung für meine Vision einer sinnvollen Mannschaftsführung.

Hast Du ein Lieblingsturnier?

In St. Veit war ich schon so oft mit meinem Sohn, dass wir beide uns dort seit Jahren sehr zu Hause fühlen. Seit 2018 bin ich in St. Veit der Turnierphotograph und betreue meinen Sohn während des Turniers intensiv.

Mit welchen Gefühlen gehst Du in eine Partie?

Meistens spüre ich schon vorher, wie es laufen wird. Die Begleitempfndungen sind vor jeder Partie anders. Von einem gewissen Fieber würde ich durchaus reden.

Was ist aus Deiner Sicht wichtig, damit eine Partie gelingt?

Ich bin beeindruckt davon, wie sehr Schach eine Ausdauersportart ist. Meine Erfahrungen, die sich freilich auf einer recht unspektakulären Ebene bewegen, haben mir immer wieder die Bedeutung eines ausgeprägten Durchhaltevermögens bis zum letzten Zug vor Augen geführt.

Welche Eigenschaften sollte ein Schachspieler/eine Schachspielerin idealerweise haben?

Ich glaube, der erforderliche vielschichtige Mix beinhaltet zunächst ein leistungsfähiges Gedächtnis und eine gute allgemeine Fitness, dann Disziplin und ein hoch entwickeltes Vorstellungs- und Gestaltungsvermögen (Kreativität), schließlich die Fähigkeit und Bereitschaft, sich sehr weit emotional auf eine schachliche Begegnung einzulassen (Präsenz und Hingabe) und ein entsprechendes kriegerisches Naturell (Kampfgeist). Diese Aufzählung erhebt keinesfalls Anspruch auf Vollständigkeit, wahrscheinlich ist die Liste noch deutlich länger.

Welche Bedeutung würdest Du der Förderung von Frauen zuschreiben?

Eine sehr große! Frauen gehören in jedem Bereich gefördert, da bildet Schach sicher keine Ausnahme. Frauenförderung ist ganz allgemein eine Frage der Gerechtigkeit und damit eine wesentliche Voraussetzung für gesellschaftlichen Frieden.

Wieso spielen aus Deiner Sicht weniger Frauen Schach als Männer?

Ich glaube, dass „sich messen“ und „gegeneinander kämpfen“, wie es ganz offensichtlich in der Natur des königlichen Spiels liegt, überhaupt eher ein männliches Thema ist. Das ändert nichts daran, dass ich die geringe Frauenbeteiligung am Schachgeschehen sehr schade finde und mich umgekehrt jedes Mal freue, wenn ich bei einem Turnier doch einmal mehr Frauenköpfe sehe - vor allem dann, wenn sie auf einem der vorderen Bretter zu fnden sind.

Was ist Dein (nächstes) großes Ziel?

Ich war auf einem guten Weg Richtung 1600 Elo, bin aber aus mir unerfndlichen Gründen wieder weit zurückgefallen. 1600 Elo überschreiten wäre schön, dann würde ich gleich weiter gehen. Wahrscheinlich muss ich wesentlich mehr Zeit und Aufmerksamkeit in mein Schachvermögen investieren, um dieses nächste Ziel zu verwirklichen.

Und zuletzt: Womit beschäftigst Du Dich, wenn Du gerade nicht Schach spielst/trainierst?

Am liebsten verbringe ich Zeit mit meiner Familie, die mir über alles geht und mir den nötigen Rückhalt gibt für alle meine Aktivitäten. Ich bin Musiker, Photograph und betreibe gemeinsam mit meiner Frau ein nettes kleines veganes Lokal im 9. Bezirk. Und zur Wahrung meines allgemeinen Wohlbefndens brauche ich ein ziemlich hoch dosiertes Lauftraining auf der Langstrecke bis hin zur Marathondistanz.