Blitzporträt

Was hat Dich zum Schach gebracht?

Ich habe mit 18 Jahren begonnen Schach zu spielen. Damals war ich auf der Suche nach einer neuen Herausforderung und einem neuen Hobby. So geschah es, dass ich mich in das Spiel hoffnungslos verliebte. Zu meiner Schulzeit in der HTL Ottakring konnte ich auch meine Klassenkameraden von Schach begeistern. Wir nutzten immer die Pausen zwischen den Unterrichtseinheiten, um kleine Turniere und einzelne Partien zu spielen oder spezielle Aufgaben zu diskutieren. Das ging dann oft so lange, bis schon der Lehrer im Klassenzimmer eintraf und uns genervt von den Tischen in der letzten Reihe wegscheuchte.

Was begeistert Dich am Schach?

Das Antizipieren von Intention. Bei gegebener, aber begrenzter Information herauszufinden, was mein Gegner will und dann zu bestimmen, wie ich es verhindern kann. Natürlich liegt dem Schachspiel auch eine besondere Ästhetik inne, die mich immer wieder zum Staunen bringt.

Wie bist Du zum 1. SK Ottakring gekommen?

Tatsächlich hatten wir -wie ich nach meinem Anfang als Schachspieler herausfand- einen eigenen Schachklub in unserer Schule. Dort gab es lustigerweise eine kleine Rivalität zwischen den Schachspielern der Maschinenbauabteilung und der Informatikabteilung (ich gehörte zu den Maschinenbauern). Wir veranstalteten damals ein kleines Turnier, bei dem wir uns gegenüberstanden. Es war ein Blutbad. Am Ende musste aber neidlos anerkannt werden, dass uns die Informatiker doch leicht überlegen waren. Unser damaliger Schachtrainer, der hier auch Lehrer war, hat mich dann auf den 1. SK Ottakring aufmerksam gemacht, woraufhin ich seinem Rat gefolgt und hier beigetreten bin. Auf meine Mitgliedschaft bin ich seither sehr stolz.

Wie würdest Du das Verhältnis zu Deinen Vereinskollegen und -kolleginnen beschreiben?

Ein Mix aus freundschaftlicher Kollegialität und professioneller Distanz.

Was macht für Dich das Besondere am 1. SK Ottakring aus?

Ich war noch nie in einem anderen Schachklub, deswegen habe ich leider keinen Vergleich. Ich weiß nur, dass ich nie wechseln würde und immer hier bleiben werde.

Was war Dein schönstes Erlebnis mit dem 1. SK Ottakring?

Meine erste Weihnachtsfeier mit allen Mitgliedern in unserem Clublokal im Jahr 2019. Der Chor war wunderschön und die Texte, die dort gesungen wurden, überaus interessant. Ich hatte so etwas noch nie erlebt.

Der 1. SK Ottakring fördert insbesondere das Kinder- und Jugendtraining. Inwiefern ist das für Deine Entwicklung von Bedeutung?

Da ich Assistenzlehrer im Kinder- und Jugendtraining bin, ist mir die Verbreitung und Vermittlung von Schach ein besonderes persönliches Anliegen. Die Kompetenzen, die hierdurch erlangt werden, sind meiner Meinung nach für alle Lebensbereiche eine unbezahlbare Bereicherung. Sowohl für die Kinder als auch für mich. Konkret hat mir meine Tätigkeit beigebracht, geduldig zu sein.

Gibt es einen Mannschaftswettkampf, der Dir besonders in Erinnerung geblieben ist?

Oh ja, mein letztes Match in der 3.Klasse. Ich stand auf Gewinn mit nur drei Zügen vor dem Matt, habe aber dann durch einen fatalen Patzer das Spiel zu Gunsten meines Gegners drehen können. Auch eine Leistung.

Welchen Modus bevorzugst Du und warum? (Schnell-, Blitz-, Standardschach, Chess960)

Generell Standardschach, aber gelegentlich kann man mich auch zu einer Blitzpartie überreden. Ich bevorzuge die längere Zeit, da ich so langfristige Strategien formen kann. Wenn das Spiel länger dauert, ist es mir auch wichtiger, denn ein Sieg oder eine Niederlage hat für mich im Blitzschach keine Bedeutung. Wenn du dich aber drei Stunden hinsetzt, und dann noch verlierst, geht das nicht einfach so spurlos an dir vorbei. Im Standardschach lerne ich auch viel mehr von meinen Partien.    

Auf welche eigene Leistung bist Du besonders stolz und warum?

Open WSC Wolfmaier Cup 2017. Damals noch mit 0 Elo habe ich den ersten Platz mit 12-1 erreicht.  

Was war Deine beste Partie?

In einer Simultanschachpartie konnte ich gegen einen 2000-Elo-Spieler remisieren. Das Spiel habe ich eingerahmt in meinem Zimmer hängen.

Auf welches Turnier freust Du Dich am meisten?

Definitiv das Kandidatenturnier für die Weltmeisterschaft. Immer wieder eine Freude.

Turniere führen Schachspieler*innen immer wieder ins Ausland. Wohin bist Du schon gereist? Und welche Eindrücke sind Dir in besonderer Erinnerung geblieben?

Bis jetzt bin ich noch nie im Rahmen eines Schachturniers ins Ausland gereist. Ich hoffe aber, dass ich mal die Gelegenheit dazu bekomme.

Hast Du ein besonderes Ritual vor einer Partie?

Meinen Gegner freundlich grüßen und uns ein kleines Glas Wasser bringen. Zuerst wird geschmeichelt und danach fliegen die Fetzen!

Mit welchen Gefühlen gehst Du in eine Partie?

Mit zwei:
-Der Freude, etwas ausprobieren zu können, das ich vorher noch nie gemacht habe. Sei es eine neue Taktik oder eine neue Eröffnungsvariante, die ich kurz zuvor gelernt habe, ich will immer etwas Neues versuchen, denn so bleibe ich unvorhersehbar.
-Dem Ehrgeiz, meinen Gegner besiegen zu wollen und ihm keine Chance zu lassen.

Was ist aus Deiner Sicht wichtig, damit eine Partie gelingt?

Dein Gegner muss verwirrter sein als du. Spaß beiseite. Ich denke, es ist die Konzentration. Dass eine Partie gelungen ist, bedeutet für mich nicht, dass sie gewonnen wurde. Auch wenn ich verliere, ist die Partie gelungen, solange ich mich konzentriert habe, mein Bestes gegeben habe und etwas aus ihr gelernt habe.

Welche Eigenschaften sollte ein Schachspieler/eine Schachspielerin idealerweise haben?

Mut und Kreativität.

Wer sind Deine großen schachlichen Vorbilder?

Michail Tal.

Mit welcher Persönlichkeit der Schachgeschichte würdest Du gerne auf einen Kaffee gehen?

Mato Jelic. Ein überaus lustiger und lehrreicher Mann, durch den ich Schach gelernt habe. Sein Youtubekanal bietet viele tolle Videos.

Benjamin Finegold. Internationaler Großmeister sowohl im Schach als auch im Humor. Er war früher im St.Louis Chessclub als Schachlehrer tätig. Seine Videos sind auf Youtube verfügbar und sehr zu empfehlen!

Welche ist die beeindruckendste Schachpartie, die Du jemals gesehen hast?

Moskau Turnier 1992. Michail Tal vs. Garry Kasparov. Absoluter Wahnsinn. Was mich an dieser Partie so fasziniert hat, wie Tal trotz seiner gesundheitlichen Probleme dennoch erschien und immer noch seinem Stil bis auf den letzten Zug treu blieb.

Welche Bedeutung würdest Du der Förderung von Frauen zuschreiben?

Unsere Schachkultur wird durch sie in jeder Hinsicht bereichert.

Wieso spielen aus Deiner Sicht weniger Frauen Schach als Männer?

Die Gründe dafür sind natürlich vielfältig. Deswegen kann ich mich nicht kurzfassen, wenn ich diese Frage vollständig beantworten will. Da ich mich aber kurzfassen muss, würde ich sagen, dass es in erster Linie um die Verschiedenheit der Interessen geht, die Frauen und Männer im Leben haben. Weniger Frauen interessieren sich für Schach, aber auch für Technik oder Mathematik. Es gibt nun verschiedene Erklärungsansätze, die auf unterschiedlichen Ebenen operieren: Ist es Sozialisierung? Ist es Kultur? Ist es individualpsychologisch? Ist es biologisch? Wahrscheinlich ein wenig von allem.

Was ist Dein (nächstes) großes Ziel?

Ich will die 1500er-Marke knacken. Dazu muss ich aber noch mehr spielen.

Was würdest Du Deinem jüngeren Schachspieler-Ich raten?

Hör auf Figuren zu opfern!

Welche drei Schachbücher kannst Du empfehlen?

Ich habe Schach autodidaktisch durch Youtube und Spielen gelernt. Ein Buch liegt mir aber besonders am Herzen, nämlich „Das große Buch der Schachweltmeisterschaften“, welches ich von der lieben Karoline geschenkt bekommen habe. Falls du das liest, Karoline, ich halte dieses Buch in Ehren.

Und zuletzt: Womit beschäftigst Du Dich, wenn Du gerade nicht Schach spielst/trainierst?

Ich bin ein leidenschaftlicher Debattierer. Für mich gibt es nichts Schöneres, als mit anderen Menschen zu philosophieren. Man trifft mich des Öfteren in meiner Lieblingsbar (dem „Jetzt“) an, wo ich mit Gleichgesinnten und manchmal auch mit Andersdenkenden bei einem guten Bier kontroverse Themen bespreche. Ein typischer Wiener also. Hat zu allem eine Meinung.

Auch lustig: Wenn ich mich in der Bar befinde und mich ein Freund fragt, wo ich denn gerade sei, antworte ich: Ich bin im Jetzt.